1908 hatte Ravel für die Kinder einer befreundeten Familie eine Fantasie zum Märchen La belle au bois dormant (Dornröschen) als Klaviermusik zu vier Händen komponiert. Auf Drängen seiner Freunde und seines Verlegers Jacques Durand komponierte er 1910 vier weitere, ebenfalls auf Märchen basierende Stücke, die er zu einem Zyklus unter dem Titel Ma Mère l'Oye zusammenfasste. Inspiriert wurde Ravel durch Erzählungen aus einer Märchensammlung Charles Perraults aus dem Jahr 1697, die mit dem Untertitel Contes de ma mère l'oye (dt. Geschichten von meiner Mutter, der Gans) versehen war. Weitere Motive entnahm Ravel aus Märchen von Marie-Catherine d’Aulnoy und Jeanne-Marie Leprince de Beaumont. Die ursprünglichen Stücke lauten:
- Pavane de la belle au bois dormant (Dornröschen)
- Petit poucet (Der kleine Däumling)
- Laideronnette, impératrice des pagodes (Le serpentin vert, dt. Die grüne Schlange)
- Les entretiens de la belle et de la bête (Die Schöne und das Biest)
- Le jardin féerique (dt. Der märchenhafte Garten - ob, und wenn, aus welchem Märchen dieses Motiv entnommen ist, ist unklar, vermutlich hat Ravel diesen thematischen Schluss seines kompositorischen Zyklus selbst erdacht)
Ma mère l'oye wurde am 20. April 1910 veröffentlicht. Nach großem Verkaufs- und Publikumserfolg orchestrierte Ravel die Klaviermusik und schuf eine fünfsätzige Suite, die er ein Jahr später zu einer Ballettmusik mit einer Prélude, einem einleitenden Satz unter dem Titel Danse du rouet et scène und Überleitungen (Interludes) zwischen den Sätzen (Tableaux) ausbaute. Das Ballett wurde am 28. Januar 1911 im Théâtre des Arts in Paris uraufgeführt.